Atrasado

Zwangsläufig wird der Wortschatz in der Fremde ständig erweitert, so auch um jenes verhängnisvolle Wort, das da "Verspätet" bedeutet. Besonders ärgerlich ist das dann, wenn es erstens den eigenen Flug betrifft und zweitens dieser Flug Brasília auch planmäßig nicht vor 23:20 erreichen soll. Also heißt es sich in Geduld zu üben.
Das gilt zwar für alle Passagiere, jedoch haben das leider nicht alle begriffen. Als der Flug nach Fortaleza um eine weitere Stunde verschoben wird, geht ein Raunen durch die Menge. Eine dicke Frau mit schlafendem Kleinkind auf dem Arm wackelt zum Schalter und macht dort erst einmal ein ordentliches Fass auf. Das wiederum findet das inzwischen nicht mehr schlafende Baby gar nicht witzig und fängt an zu schreien. Die Frau schreit noch mehr und stapft irgendwann wütend davon. Wahrscheinlich müssen die Mitarbeiter der Fluggesellschaft nun auch noch mit dem Vorwurf leben, sie hätten das Baby geweckt...
Ist mir egal, denn bald darauf wird mein Flug tatsächlich aufgerufen. Drei Flüge werden gleichzeitig an einem Gate abgefertigt und wie durch ein Wunder erreichen sowohl ich selbst als auch mein Gepäck das richtige Flugzeug. Und nach einer weiteren Stunde an Bord ("Kommunikationsprobleme") geht es gegen 00:20 auch schon los. Um kurz vor zwei lerne ich dann den um diese Zeit ausgestorbenen Flughafen von Brasília kennen. Eine weitere halbe Stunde später erreiche ich die Pension, klingele den Nachtwächter aus dem Schlaf und mache ihm begreiflich wer ich bin und was ich von ihm will. Ich erhalte auch tatsächlich ein Zimmer und falle um 02:40 in den Schlaf.
Aber es hat ich gelohnt: Die Stadt ist echt abgefahren, nur wohnen möchte ich hier nicht.

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