Montag, 8. Januar 2024

Nach einer wahren Begebenheit

Sulima, im wahrsten Sinne des Wortes Sierra Leones Endstation am tosenden Atlantik. Es gibt nur einen Grund hierherzukommen und der reimt sich auf Schwellen. Dazu nötig: Viel Sitzfleisch bei der Anreise und die Einhaltung des strengen Protokolls für Gäste.
Zentraler Punkt dabei ist die Vorstellung beim Town Chief, der eine Mischung aus Dorfältestem, Richter und Bürgermeister verkörpert. Dessen bin ich mir durchaus bewusst und suche gleich nachdem ich den Rucksack abgestellt habe, das Haus des Herrn auf. Leider muss ich mit der First Lady Vorlieb nehmen, der Hausherr ist noch anderswo beschäftigt. Hinsichtlich seiner Ankunftszeit besteht leider ein gewisses Informationsdefizit. Mit der Vorstellung ist es aber noch nicht getan, es wird auch noch eine Gebühr fällig, wenn man zum Strand will. Sierra Leones Antwort auf die Kurtaxe und ganz bestimmt hochoffiziell und zum Wohl der Gemeinschaft. Die kann ich bezahlen, wenn ich nachher auf dem Weg zum Strand wieder hier vorbeikomme? OK.
Etwas später, unterwegs zum Ozean, ich kann die Wellen schon hören. Der zweite Versuch. Hier ist das Geld für den Strand und ist der Chief jetzt da? Nein, später nochmal versuchen. Kurz bevor der Ozean dann in Sichtweite kommt, meldet sich noch ein anderer Kollege zu Wort. Die Armee, ein Sicherheitscheck, wir sind nahe an der Grenze. Sorry, meinen Pass habe ich jetzt auf dem Weg zum Strand nicht dabei. Kann ich später nochmal vorbeikommen, ich muss sowieso noch zum Chief? Versprochen? Versprochen.
Nach dem Strandbesuch ist der Chief immer noch nicht da. Aber dafür eine Art Manager, der mir alles nochmal haarklein erklärt. Ich erkläre ihm auch alles haarklein. Ich mache hier Urlaub und möchte mich von Ihrer Waschmaschine namens Ozean mal ordentlich durchschleudern lassen. Zwei Worte im Satz sind ihm unbekannt, natürlich nur falls er "durchschleudern" kennt. Ich erfahre, dass ich mich zusätzlich bei ihm noch im Gästebuch eintragen muss. Dafür bitte den Pass nicht vergessen. Spätestens an der Stelle kommt in mir der Verdacht auf, dass hier nicht allzu viele Gäste auftauchen.
Wo war ich stehengeblieben? Nach dem Strandbesuch also ab in die Unterkunft, Pass geschnappt und zurück. Der Chief ist da! Ich erkläre nochmal alles. Er hat Fragen, ich habe Antworten und alle sind zufrieden. Ich bin willkommen und darf mich erkenntlich zeigen. Wieviel? Wieviel Du willst - die schlimmste Antwort von allen. Nachdem ich ausführlich erklärt habe, warum ich leider nur eine Nacht bleiben kann, zahle ich den Gegenwert einer zweiten Übernachtung. Nun sind wirklich alle zufrieden und mir ist der Spaß die vier Euro wert. Und nicht vergessen, noch zum Manager - der ist aber jetzt nicht da - und zum Soldaten.
Der Soldat freut sich, dass ich mit dem Pass vorbeikomme, schaut sich diesen an und lässt mich meine Daten in eine handgeschriebene Liste eintragen. In den letzten zwei Wochen ist die Liste um ganze zwei Einträge gewachsen. Ich belohne mich und gehe nochmal zum Strand. Danach treffe ich nochmal die First Lady und lasse mir bestätigen, dass der Manager immer noch nicht da ist. Ob ich denn außer dem Strand schon was vom Dorf gesehen habe? Mir fehlt da ehrlich gesagt die Zeit ... Außerdem betone ich nochmal, dass ich morgen früh schon wieder abreise und das mit dem Gästebuch am Ende vielleicht doch nichts mehr wird. Nach Sonnenuntergang bin ich nämlich bei der spärlichen Beleuchtung nicht mehr ganz so einfach als Bleichgesicht auszumachen.
So, mal schauen wer tatsächlich bis hierher gelesen hat. Ich frage das ab!

Sulima Beach, Sierra Leone
Eine der besten Waschmaschinen Westafrikas

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